Lilien – Garten-Kalender 2024

Lilien gehören zu den faszinierendsten Wildpflanzen. Wilde Lilien machen durch die Größe, die Farbe und den betörenden Duft ihrer Blüten auf sich aufmerksam. Von den 125 wilden Lilienarten kommen rund 20 im europäischen Raum vor. Etwa genauso viele Arten gibt es in Amerika. Das Zentrum der Verbreitung von Lilien liegt allerdings in Asien.
Die meisten Lilien sind nicht nur schön. Da sie sehr nahrhaft und nicht giftig sind, werden sie schon seit Urzeiten vom Menschen genutzt. Die Entwicklung von Mensch und Lilie lässt sich leider nur anhand von Bildern nachverfolgen, da das Wort Lilie für zahlreiche Pflanzen (Schwertlilie, Taglilie, Graslilie (Bild 5), …) verwendet wird, die gar keine echten Lilien sind.
Dieser Kalender möchte anhand von Bildern und ein paar persönlichen Geschichten auf die Lilie als Gartenpflanze aufmerksam machen.
Eine Lilie fürs Leben
Bereits in meiner Jugend war ich beeindruckt von den Türkenbundlilien (Bild 4 u. 10) die in den Wäldern meiner Heimat zu finden waren. Es gab dort sehr viele Lilien, aber ich bekam nur sehr selten eine Blüte zu sehen. Diese wurden bereits im Knospenstadium von den Rehen verspeist, so dass ich lediglich noch die kahlen Stängel im Walde fand. Daher beschloss ich, eine Lilie in den elterlichen Garten zu setzen, die von keinem Reh gegessen werden konnte.
Ich wollte nun eine Wildlilie für den Garten haben. Türkenbundlilien gab es damals bei unserem Samen- und Zwiebelhändler nicht. Mit Madonnen- (Bild 1) und Feuerlilien (Bild 12) kannte ich mich noch nicht aus. So kaufte ich eine faustgroße Zwiebel einer Tigerlilie für 5 Mark. Da der Händler mir den Hinweis mitgab, dass diese Lilienzwiebel nicht besonders frosthart wäre, vergrub ich die Zwiebel zusammen mit etwas Kompost 40 cm tief unter einem Baum. „An diesem Ort müsste Sie vor dem strengsten Frost geschützt sein“, dachte ich mir. Im nächsten Frühling wartete ich dann schon eifrig auf „meine Lilie“. April und Mai vergingen, ohne dass irgendetwas von einer Lilie zu sehen war. Ich hatte schon alle Hoffnung aufgegeben, als dann gegen Ende Juni endlich die Lilie aus dem Boden kam. Sie wurde dann etwas über 40 cm hoch und hatte zwei orangerote Blüten. Ich war ein wenig enttäuscht. Zu meinem Glück arrangierte sich die Lilie mit ihrem Standort. Bereits im Folgejahr kam Sie schon Anfang Mai aus dem Boden, wurde wesentlich größer als zuvor und bildete auch mehr Blüten. Das tat Sie nun über 30 Jahre lang. Als der Baum, unter dem sie jahrelang stand, starb, entwickelten sich an zwei Stängeln knapp 50 Einzelblüten und die Lilie wurde nun gut einen Meter groß (Juli-Bild). Danach verschwand sie bedauerlicherweise für immer. Im Jahr 2024 werde ich auf 60 neu gesetzte Tigerlilien warten (diesmal nur 20 cm tief vergraben, da Lilien sich mit einer Zugwurzel von selbst tiefer in die Erde ziehen können) von denen hoffentlich eine mich bis an mein Lebensende erfreuen soll.
Feuerlilien, die Überlebenskünstler
Im Juli 2023 besuchte ich die niedersächsische Stadt Bad Gandersheim, in der eine Landesgartenschau stattfand. Dabei sah ich an einem seit vielen Jahren leerstehenden Klinikgebäude einen Balkonkasten, der voll in Blüte stand. Die Blumen im Balkonkasten waren Feuerlilien, die schon lange ohne Pflege und Bewässerung zurechtkamen, also echte Überlebenskünstler. Feuerlilien (Bild 12) hatte ich bereits an vielen Stellen gesehen. Sie zählen heute zu den geschützten, heimischen Lilienarten. Dies war nicht immer so. Noch vor einigen Jahren ging man davon aus, dass die Feuerlilien im Freiland Flüchtlinge aus dem Gartenanbau wären. Da Feuerlilien sich über Brutzwiebeln aus den Blattachseln vermehren und somit über den Gartenrückschnitt vermehrt werden können, war diese Theorie schlüssig.
Neuere genetische und morphologische Untersuchungen belegten allerdings, dass die wildlebenden Lilien sich deutlich von den Gartenlilien unterscheiden. Somit gab es in Deutschland eine eigenständige Population an Feuerlilien, die früher weit verbreitet war in nicht gedüngten Roggenfeldern. Da es kaum noch extensiv bewirtschaftete Ackerflächen gibt, war die Feuerlilie nahezu verschwunden. In Zukunft sollen heimischen Feuerlilien als robuste Pflanzen für den Gartenbau angeboten werden. Eine wirklich gute Idee, um diese Art vor dem Aussterben zu retten.
Königslilie, eine chinesische Schönheit
Vor gut hundert Jahren entdeckte ein europäischer Botaniker Königslilien in einem chinesischen Tal. Er war von der Schönheit dieser Lilien so bezaubert, dass er über 6.000 Lilien ausgrub und das ganze Tal verwüstete. Seitdem verschönern Königslilien viele Gärten weltweit. Heute kommen die Lilienzwiebeln aus Feldanbauten, so dass keine Täler mehr zerstört werden. Aktuell ist die Königslilie (Bild 3 u. 8) eine sehr beliebte Gartenpflanze. Gerne setzt man sie in Naturwiesen, wie im Park von Bad Driburg. Diese Pflanze verleiht der Naturwiese einen zusätzlichen Glanz, ohne den Charakter der Wiese zu zerstören.
Da Lilien sich nicht stark vermehren, dafür aber relativ alt werden, sind sie für einen naturverträglichen Gartenbau sehr gut geeignet. Zudem besitzen sie besonders viele Pollen, die gerne von Schwebfliegen (Bild 8) aufgenommen werden. Sie sind somit auch sehr insektenfreundlich.
Orientalische und Asiatische Hybriden
Neben den Wildlilien, auch botanische Lilien genannt, gibt es viele Züchtungen und Kreuzungen. Aus den Kreuzungen verschiedener Lilienarten sind 13.000 unterschiedliche Sorten entstanden. Um einen Überblick zu bekommen, werden die verschiedenen Sorten Gruppen zugeordnet.
Eine dieser Sorten-Gruppen bilden die asiatischen Lilien. Hierbei handelt es sich um besonders robuste, farbenprächtige Pflanzen mit mittelgroßen Blüten. Die Lilien duften nur schwach und sind daher auch gut als Schnittblumen in Räumen geeignet. Sie können einfach auf dem Feld und in Beeten angebaut werden (Bilder 2, 9 u.11).
Die orientalischen Lilien haben meist größere Blüten, sind zum Teil mehrfarbig und duften äußerst stark (Titelbild, Bild 6). Diese Sorten sind etwas schwieriger im Anbau und ein wenig pflegebedürftig. Sie müssen regelmäßig mit Kompost versorgt und teilweise auch hochgebunden werden.
Egal welche Lilie sie mögen, Lilien machen viel Freude und sollten daher in keinem Garten fehlen.
Erläuterungen zum Garten-Kalender 2024 von Thomas Ullrich, Schloss Hungen












Bildnachweis:
Titelbild: Lilie vor Schloss Hungen; Januar: Madonnenlilie; Februar: Lilienfeld; März: Königslilie; April: Türkenbundlilie im Wald; Mai: Graslilie; Kalkmagerrasen; Juni: gelbe, orientalische Lilie; Juli: Tigerlilie; August: Königslilie; September: Lilienfeld; Oktober: Türkenbundlilie; November: Lilienbeet in Riga; Dezember: Feuerlilie
